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Gemeinsam unterwegs

Ihr meine Freunde - gemeinsam unterwegs

Die St. Matthias Bruderschaft, kurz SMB, ist eine Bruderschaft, die neben den Schützenbruderschaften das Neuwerker Gemeindeleben gestaltet und prägt.

Zu Fuß pilgern wir zweimal pro Jahr zum Grab des Heiligen Apostels Matthias nach Trier. Damit folgen wir einer mehr als 850-jährigen Pilgertradition im Rheinland.

Warum gehen wir nach Trier? Ist es nicht furchtbar anstrengend und langweilig, den ganzen Tag betend durch die Gegend zu laufen? Und: ist das nicht nur etwas für die „ganz Heiligen“ unter uns?

Ja, es ist eine körperlich herausfordernde Woche und nein, es ist auf keinen Fall langweilig. Wer sich mit Eltern oder Freunden unterhält, die schon mal dabei waren, hat von dem unbeschreiblichen Gefühl gehört, nach fünf Tage am Ziel anzukommen. Der weiß, dass eine Wallfahrt viel mehr ist als nur Beten. Sie ist eine Chance, andere Menschen kennen zu lernen und auch Freunde und sich selbst ganz neu zu erleben. Sie ist eine Woche, die trotz aller Anstrengung zur Ruhe kommen lässt, nach der man entspannt nach Hause kommt. Sie ist eine Einladung, über offene Fragen nachzudenken und vielleicht auch wichtige Entscheidungen zu treffen. Aber – und das ist wichtig – sie ist auch eine Woche, in der viel gelacht wird und in der Spaß und Freude nie zu kurz kommen.

Bericht einer Neupilgerin

„Hör mir auf mit nach Trier pilgern“. Diesen Satz habe ich Jahr ein, Jahr aus zu meinem Vater Thomas (Peter) gesagt, nachdem er wieder freudestrahlend von der letzten Tour zurückkam und wieder darauf bestand, dass ich unbedingt doch mal mitkommen sollte. Im Leben hatte ich da keine Lust drauf.

Man merkt sofort: Das hier wird kein Märchen. Ich war nie die Tochter, die sich all die Jahre nichts sehnlicher gewünscht hat, als endlich alt genug zu sein, um mit ihrem Vater einmal gemeinsam nach Trier zu pilgern. Wie es dann also trotzdem dazu kam, dass ich im Frühjahr 2019 das erste Mal mit ging, lässt sich ganz simpel erläutern: Wein. Zu viel Wein an einem lauen Sommerabend führte zu viel Übermut und ich steckte ganz tief drin in der Sache.

An meinem großen Tag, dem 25. Mai 2019, klingelte der Wecker zu einer unmöglichen Uhrzeit – und ich war sauer auf mich selbst, dass ich mich in diese Situation reinmanövriert hatte. Von mindestens – und das ist keine Übertreibung – jedem zweitem Altpilger hörte ich „ab morgen kannst du länger schlafen“. Auf die höchstens 30 Minuten kam es jetzt aber nun wirklich nicht mehr an…

Ich habe mir mal die Mühe gemacht und meine ungefähren Gedanken des ersten Tages noch einmal Revue passieren lassen: Es ist zu früh, was mache ich hier? – Oh, es gibt schon nach einer Stunde Frühstück? Toll! – Bisher macht mir das laufen nichts.

– Wenn wir noch lange einfach geradeaus weiterlaufen, fallen wir von der Erde runter. – Langsam tun mir doch die Füße weh. – Oh, Schnitzel zum Mittagessen? Klasse! – Laufen wir wirklich einfach geradeaus durch nach Trier? Wir laufen die ganze Zeit nur geradeaus. – Ach, da ist schon die Sophienhöhe, super dann ist es nicht mehr weit. – Wieso kommt die Sophienhöhe seit einer Stunde nicht näher? – Die Sophienhöhe nervt. – Oh, es gibt Kuchen? Gib‘ mir drei Stücke! Das Abnehmen beginnt dann morgen. – Wie lange muss ich hier nach noch weiterlaufen? – Ich habe keine Lust mehr.

Das Resümee des ersten Tages: noch sieben Tage und schlimmer kann es gar nicht werden. Das Schöne am Pilgern ist, man lernt jeden Tag etwas dazu: Es ging noch schlimmer. An Tag zwei flossen sogar dicke Krokodilstränen und ich war mir sicher, ich würde nie wieder pilgern.

Wer hätte gedacht, dass ich schon am darauffolgenden Frühkirmessamstag im ganzen Bettrather Festzelt fröhlich verkünden würde, dass ich ab jetzt auf jeden Fall öfters mit nach Trier pilgern würde. Was war passiert?

Man kann meiner Meinung nach gar richtig erklären, was da mit einem passiert. Neben dem unglaublichen Stolz auf mich selbst, es am Ende geschafft zu haben, fand ich vor allem die zwischenmenschlichen Beziehungen zu Pilgern aller Altersgruppen wahnsinnig bereichernd. Man führt in dieser Woche kurze und lange Gespräche mit Personen, denen man sonst auf der Straße aus reiner Höflichkeit nur mit einem netten Lächeln zugenickt hätte. Und ich hatte bei jedem Gespräch das Gefühl, dass Jung und Alt in gleichen Teilen voneinander lernen. Das Zusammensein ist für mich eine der schönsten Erinnerungen an meine Erstpilgerwoche. Alles wurde als Gruppe erlebt.

Ob es das Mittagessen auf der Glaadter Hütte war, bei dem es für die Gruppe ein paar Brühwurststückchen weniger in der Kartoffelsuppe gab, weil dem lieben Max der Löffel über seinem Teller ausgerutscht war. Oder wir irgendwo im strömenden Regen dreimal durch dasselbe Dorf taperten – wohlgemerkt einem Kreuz hinterherlaufend – weil wir uns wirklich ordentlich verlaufen hatten. Während ich noch damit beschäftigt war, mir Gedanken darüber zu machen, wie viele Anwohner uns inzwischen für eine Sekte hielten, zückten die wirklich erfahrenen Pilger alle hektisch ihre Mobiltelefone, denn an diesem Ort war wirklich noch nie jemand von ihnen unterwegs gewesen. Nicht zu vergessen sind auch der legendäre Fridays for Future Streik unseres Fahrerteams, oder meine Erkenntnis: Ein Pilger trägt seine Hausschuhe in der Trierer Innenstadt mit Stolz.

Den Einmarsch in Trier selbst kann man an sich nicht wirklich wörtlich festhalten. Ich war gefühlsmäßig überwältigt und überfordert. Das sind Eindrücke, die man meiner Meinung nach selbst erleben sollte und nicht in Worte fassen muss, weil Worte dem nicht gerecht würden. Jeder Schmerz, den man in den Füßen, in den Knien, im Rücken oder sonst wo gespürt hat, ist hier zwar nicht ganz verschwunden, aber doch ein bisschen kleiner geworden.

Die Übernachtung in Trier fühlt sich nach einer Woche Jugendherberge und Co. nicht nur essenstechnisch an, wie eine Beförderung zur Kaiserin. Fast wehleidig zieht man sich am nächsten Morgen wieder die stinkenden Wandersocken an und quält seine geschwollenen Füße in die Schuhe, um die Heimreise anzutreten. Aber der Weg fühlt sich anders an. Leichter, weil man etwas Großes geschafft hat, das viele Leute aus reiner Bequemlichkeit gar nicht erst versuchen würden.

Mental begann ich hier langsam die Vorbereitung auf Zuhause. Auch mit großer Vorfreude auf Kirmes – ich bin ein (Kirmes-)Kind meines Vaters. Aber man, war das alles plötzlich ein Kulturschock! Nach einer Woche Feld, Wald und Wiesen, nur unter sich sein und Ruhe von der Welt, biegt man an der Niers ab und wird ab dort gefühlt gefeiert wie ein Popstar. Gut, dass man als Pilger stets bodenständig bleibt und bei so viel Ruhm und Ehre einen kühlen Kopf bewahrt. Aber es war trotzdem schön zu sehen, wie viele Menschen sich auch unbekannterweise mit mir über dieses Erlebnis freuten.

Auch die Bettrather Kirmes kam mir plötzlich viel lauter vor, als die Jahre davor. Das hat mich natürlich trotzdem nicht vom Feiern abgehalten, aber es war etwas, an das man sich erstmal wieder gewöhnen musste.

Bei meiner nächsten Tour – und die wird kommen – bin ich meinem Erstpilger-Ich um Längen voraus. Ich weiß bereits, dass die ersten beiden Tage wieder hart werden und ich wieder an meinem Urteilsvermögen zweifeln werde. Ich weiß, dass es absolut legitim ist, morgens um halb acht schon den ersten Schnaps zu trinken. Ich weiß, dass es viel Kuchen geben wird und man nicht abnimmt – aber wenn’s gut läuft auch nicht zu. Und ich bin gut darauf vorbereitet, dass man sich unterwegs viel umarmen wird. Ob man nun will oder nicht. Am allermeisten weiß ich aber bei meiner nächsten Tour, wofür es sich lohnt. Für Erinnerungen, an die man gerne zurückdenkt und die man mit Stolz teilt.

Lara Kreuels

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