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Wallfahren

Pilgern und Wallfahren:
Eine Begriffsbestimmung

Das Wort Pilgern leitet sich vom Lateinischen ab. Geht man der Herkunft des Wortes nach, dann findet man:


peregrinus für fremd, ausländisch, nicht sesshaft
peregrina,-ae für Fremde/r, Nichtbürger/in
peregrinare,-o durchwandern
peregrinari,-or in der Fremde weilen, sich als Fremdling aufhalten
peregrinaria ist fern weilen von
peregrinatio ist Aufenthalt im Ausland, Wanderung
peregreals Adverb ist im Ausland, in der Fremde

Gegen Ende der Völkerwanderungszeit bekommt peregrinari, preregrinatio auch die Bedeutung von Wallfahren und Pilgern.

Im Italienischen wandelt sich das Wort zu pelegrinare, im Englischen zu pilgrim und im Deutschen zu pilgern.

Die Wurzeln des Wortes Wallfahren reichen ebenfalls sehr weit zurück.

Mittelhochdeutsch heißt es wallen,
althochdeutsch wallon,
altenglisch weallian
und bedeutet ursprünglich wandern, umherschweifen,
reisen, von Ort zu Ort ziehen.

Im 13. Jahrhundert wird vallevart meist im Sinne von Pilgern benutzt.

Im 16. Jahrhundert wird wallfahren gebraucht, weil die Fortbewegung nun auch mittels Schiff und Kutsche erfolgen kann. Hier nimmt das Wort Wallfahren vollends die Bedeutung von Pilgern an.

(Sinngemäß entnommen aus den Internetseiten des Jakobuspilgers Maximilian Bogner aus Rosenheim unter Spiritualität des Pilgerns).

In der freien Enzyklopädie Wikipedia findet man für Pilger und Wallfahrer die folgende Erläuterung:

Pilger stammt vom lateinischen Wort peregrinus ab, was Fremdling bedeutet.

Im Kirchenlatein als pelegrinus abgewandelt, bezeichnet es eine Person, die aus religiösen Gründen in die Fremde geht, zumeist eine Wallfahrt zu einem Pilgerort unternimmt, zu Fuß oder unter Verwendung eines Verkehrsmittels.

Der Anlass kann eine auferlegte Buße sein und das Bemühen, einen Sündenablass zu erhalten, die Erfüllung eines Gelübdes, die Hoffnung auf Gebetserhörung in einem bestimmten Anliegen oder auf Heilung von einer Krankheit, religiöse Vertiefung oder Abstattung von Dank.

Ziel ist meist ein als heilig betrachteter Ort, etwa eine Wallfahrtskirche, ein Tempel, ein Baumheiligtum usw.

Wer mehr darüber nachlesen möchte, gelangt hier zum Wikipedia-Artikel. Dort werden unter anderem auch noch die folgenden Themenkreise behandelt:

Wallfahrtsorte der Antike
Christliche Pilger in Spätantike und Mittelalter
Pilger und Reformation
Pilger der Neuzeit

Das Thema Wallfahrten beginnt in Wikipedia sinngemäß mit folgender Einleitung / Definition:

Ganz allgemein ist eine Wallfahrt (lat. peregrinatio religiosa, von wallen, in eine bestimmte Richtung ziehen, fahren unterwegs sein) ist eine traditionelle Reise zum Zweck des Besuches einer bestimmten Pilgerstätte mit religiöser Bedeutung oder um ein heiliges Gebot zu erfüllen. Sie wird auch als Pilgerreise, Pilgerfahrt, Betfahrt und im Islam als Hadsch oder Ziaret bezeichnet.

Im symbolischen Sinn ist die Pilgerfahrt sowohl eine Initiation als auch ein Akt der Ergebenheit. Sie geht zurück auf den alten Glauben, dass die übernatürlichen Mächte ihre Kraft an bestimmten Orten besonders stark entfalten.

Eine Wallfahrt war und ist immer auch ein soziales Ereignis, sie führt zu Begegnungen und Austausch zwischen Gläubigen, die sich sonst vielleicht nie getroffen hätten.

Wer mehr darüber nachlesen möchte, gelangt hier zum Wikipedia-Artikel. Dort werden unter anderem auch noch die folgenden Themenkreise behandelt:

Pilgerfeste des Judentums
Wallfahrtsbräuche im Christentum
Wallfahrten im Islam
Wallfahrten in anderen Religionen

Interessant ist auch die Feststellung:

Auch auf den säkularen Bereich hat sich der religiöse Begriff ausgedehnt. So spricht man in der Presse davon, dass beispielsweise Fans von Elvis Presley zur andächtigen Besichtigung seines Hauses Graceland in Memphis (Tennessee, USA) wallfahren.

Unter Pilgerweg findet man in Wikipedia folgende Erklärung:

Ein Pilgerweg ist die Reisestrecke, die Pilger auf einer Wallfahrt zurücklegen, um an das Ziel – meist ein heiliger Ort – zu gelangen.

Alle großen Religionen der Welt kennen Pilgerwege und Pilgerorte.

Diese Orte können Ortschaften sein, wie Jerusalem, Rom, Santiago, Lourdes, Einsiedeln, aber auch bestimmte Punkte einer Landschaft wie ein Berg, eine Quelle, ein Brunnen, eine Höhle oder ein Heiligtum.

Auf dem Weg gibt es Stationen des Innehaltens, an denen Gebete gesprochen oder Gottesdienste gefeiert werden können.

Wer mehr darüber nachlesen möchte, gelangt hier zum Wikipedia-Artikel.

Sich auf den Weg machen

Auf den Internetseiten der Arbeitsgemeinschaft der Wallfahrtsorte im nordwestdeutschen Raum findet sich ein sehr guter Einstieg in das Thema Wallfahren, bestens geeignet für alle Menschen, die sich mit dem Gedanken tragen, eine Wallfahrt mitzumachen oder zu organisieren, und diesbezüglich noch nach Argumenten, Anregungen und Informationen suchen.


Wer sich auf den Weg macht – Gedanken zur Wallfahrt

Das Thema Wallfahrt ist zeitlos: so alt wie die Erlebnisse des Volkes Israel in der Wüste – und so aktuell wie die Gefühle Jugendlicher, die nach mehrtägigem Fußweg vor einem unscheinbaren Gnadenbild stehen. Wallfahrer denken über ihr Leben nach, sie bitten und danken, schweigen Pilger aus Neuwerk bei einer Besinnung unterhalb der Genovevahöhle und erzählen, beten und singen. Sie suchen Gottes Melodie in ihrem Leben – und begeben damit sich selbst auf die Spur, und das ist immer ein kleines Abenteuer. So etwas gibt es nicht im Reisebüro. Wer sich auf den Weg macht, lebt für einen Tag oder eine Woche bewusster. Und kehrt verändert nach Hause zurück.

Zu Fuß unterwegs

Der klassische Wallfahrer benutzt seine Füße. Er setzt sich Sonne und Regen aus, bevorzugt abgelegene Wege und kommt doch um die verkehrsreichsten Straßen nicht herum. Er ist unterwegs in einer Gruppe Gleichgesinnter – in der Gemeinschaft stützt man sich gegenseitig und kommt miteinander ans Ziel. Darin ist die Wallfahrt ein Bild der Kirche: Wir sind nicht allein. Wir sind miteinander auf dem Weg. Diese Erfahrung macht Mut.

Erbsensuppe statt Drei-Gänge-Menu

Wallfahrer theoretisieren nicht. Sie tun etwas Konkretes. Dazu gehören frühes Aufstehen, mancher Verzicht auf Annehmlichkeiten und oft Blasen an den Füßen. Ich werde mitgenommen, oder ich nehme andere mit – das ist Anlass genug, damit geht es los. Zu einem Ort, unspektakulär, abseits der selbsternannten Zentren. Zu einer Erfahrung von Religion, wie wir sie nur noch selten erleben: zum Greifen nah. Wer mitmacht, erlebt: Der andere betet auch so wie ich. Mehr noch, er spürt: Kirche, das bin ich. Gott, das ist für niemanden eine einfache Formel. Beten, das hat mit Spontaneität und Phantasie zu tun.

Jede Wallfahrt ist eine Demonstration

Wer vom Straßenrand zuschaut, spürt: Da widersetzen sich Menschen dem Strom. Die lassen sich den Glauben etwas wert sein. Sie tragen ein Kreuz bei sich, keine Parolen. Wallfahrtsorte laden ein zu Besinnung und Gebet, zur Erfahrung von lebendiger Kirche und zu der Hoffnung, dass wir am Ende unseres Lebensweges tatsächlich „nach Hause kommen“. Es gibt sie, diese Orte und Oasen, an denen Gott den Menschen besonders nahe ist. Wundert es Sie, dass dies auch die Menschen, die sich dorthin miteinander auf dem Weg machen, verändert?

Der nächste Wallfahrtsort ist näher, als man denkt

Wer pilgert, reist mit leichtem Gepäck. Und auch eine sorgfältig vorbereitete und durchgeführte Tagesfahrt kann ein großes Erlebnis sein. Ob Rom oder ein hiesiger Wallfahrtsort, ist weniger eine Frage des Geldes. Es gilt zu entscheiden, was mir persönlich möglich ist. Für die Planung ist wichtig: Wieviel Zeit wollen Sie sich nehmen? Handelt es sich um jüngere oder ältere Menschen? Reisen Sie mit dem Zug, per Bus oder mit dem Auto – oder eben zu Fuß? Alle Religionen haben ihre Wallfahrtsorte, an denen man dem göttlichen Bereich begegnet, angefangen im Erlebnis unseres Vaters Jakob mit dem Traum der Himmelsleiter. Und er stellt fest: So nah war mit Gott, und ich wusste es nicht. So haben wir noch heute Jerusalem oder Santiago de Compostela, unsere Marienwallfahrtsorte, die Wallfahrtsorte zum Hl. Kreuz oder zu den Heiligen.

Wer singt, betet doppelt

Für die Vorbereitung gilt: Sie können alles selber machen, zum Beispiel Lieder und Texte aussuchen oder den Gottesdienst vorbereiten, müssen aber nicht. Ein einfaches Beispiel: Sie legen die Route sorgfältig fest und planen drei oder vier „Unterbrechungen“ ein. Zeit für ein selbstformuliertes Gebet, ein gemeinsames Lied oder die Betrachtung eines Wegekreuzes. Die Wallfahrtsleitung vor Ort gibt Ihnen gerne ausführliche Informationen und Hilfen. Hier melden Sie auch Ihre Gruppe an, erfahren die Möglichkeiten zur Mitfeier der Gottesdienste, der Betreuung vor Ort und der Übernachtung.

Stillwerden, staunen, hinhören

Haben Sie den Mut zu improvisieren. Wunder geschehen, wo Menschen zusammen beten, schweigen und miteinander ins Gespräch kommen. Das lässt sich nicht exakt vorher planen. In den Beichtkapellen geschehen noch heute täglich Wunder. Denken Sie bei der Kostengestaltung auch an Jugendliche, kinderreiche Familien und Minderbemittelte.

Bleibt noch eine letzte Frage: Ist eine Wallfahrt Urlaub?
Antwort: Für die Seele JA.


Die obenstehenden Gedanken zur Wallfahrt wurden den Internetseiten Arbeitsgemeinschaft der Wallfahrtsorte im nordwestdeutschen Raum entnommen.

Der Vorsitzende dieser Arbeitsgemeinschaft ist Monsignore Dr. Egon Mielenbrink, Verfasser des Buches Beten mit den Füßen.
Zu diesem Buch erschien von Bernhard Eckerstorfer OSB in der Rubrik lesenswerte Bücher eine Buchbesprechung, in der er sich unter anderem auch mit dem häufigsten Einwand gegen Wallfahrten beschäftigt.

Bernhard Eckerstorfer schreibt hierzu:

Der häufigste Einwand gegen Wallfahrten lautet, dass Gott doch nicht nur auf einigen Hügeln wohnt und beileibe nicht unsere Schinderei braucht, um uns nahe zu sein. Tatsächlich ist Gott im Alltag kein anderer und nicht mehr versteckt als in einer Wallfahrtskirche. Dieses Buch hat mir aber erneut bewusst gemacht, dass wir auf einer Wallfahrt oft andere sind, dass wir im Unterwegssein offener werden und so manches an einem von Gebeten geprägten Ort anders sehen und verstehen. Wenn wir bewusst auf Gott hin unterwegs sind, werden wir andere. Da genügt es eben nicht immer, nur in Gedanken bei ihm zu sein; Gott will uns mit Haut und Haaren, und Wallfahrten können uns helfen, dass wir mit Leib und Seele auf Ihn zusteuern.

Vielleicht ist dieses „ganzheitliche“ Verständnis vom Menschen auch der Grund, warum heute Jugendliche und der Kirche Fernstehende gerade durch Wallfahrten das Christentum und die Kirche in neuer Strahlkraft und mit neuem Geschmack erleben dürfen. So kann nicht selten die Wallfahrt zum Aufbruch in ein neues Glaubensleben werden.

Gedanken zur Wallfahrt (nach Trier)

Gedanken zur Wallfahrt unseres ehemaligen Pilgerpfarrers Hubert Wachendorf OSB aus Trier:


Die in den langen Jahrhunderten gewachsene Wallfahrt ist auch heute noch sehr lebendig. Jährlich kommen in über 140 Gruppen Pilger aller Generationen nach St. Matthias, wobei die meisten mindestens drei bis vier Tage bis Trier unterwegs sind. Viele gehen den Weg auch zu Fuß nach Hause zurück. Da kommen leicht bis zu 300 Km und mehr zusammen.

Ein Teil dieser Gruppen kann auf eine Jahrhunderte alte Tradition zurückblicken, ungefähr ein Drittel davon ist in den letzten Jahren neu entstanden. Die Pilger kommen zum überwiegenden Teil aus den Bistümern Köln, Aachen und Trier. Die meisten kommen aus der Umgebung von Mönchengladbach, Neuss und Krefeld.

Andere stammen aus dem Raum Aachen, Jülich, Köln, Bonn und der Eifel. Pfarreien aus der näheren Umgebung von Trier kennen eine Tradition von Tages- oder Nachtwallfahrten. Jede Wallfahrt hat ihr eigenes Gesicht und ihre eigene Tradition. Das gilt nicht nur für die Bruderschaften, die seit Jahrhunderten den Weg nach Trier gehen.

Der größte Teil der Gruppen erreicht St. Matthias in den beiden Wochen vor oder nach Pfingsten. Diese Hauptwallfahrtszeit, die sich um das Fest der Wahl des Apostels (Samstag nach Christi Himmelfahrt) gruppiert, findet im Herbst eine kleine Fortsetzung.

Lebensweg als Glaubensweg

Das Interesse an der Pilgerbewegung ist, so zeigen es allein schon die Zahlen, weiterhin sehr lebendig. Immer mehr Menschen aller Generationen finden darin einen angemessenen Ausdruck ihres Glaubens. Im Gehen miteinander wollen sie ihren eigenen Lebensweg als Glaubensweg erfahren.

Viele Pilger berichten davon, dass das gemeinsame Unterwegssein mit Gleichgesinnten für sie ein Erlebnis von Glaubensgemeinschaft ist, dass sie nicht missen möchten. Im normalen Alltag wird von gläubiger Weggemeinschaft, von Austausch und Mitteilen wenig spürbar.

Auf einer Wallfahrt aber kommen viele Erfahrensbereiche zusammen. Die Anstrengung, die Mühe und Freude, das gemeinsame Essen, Erholung und Ruhe, Beten und Schweigen verbinden sich in einer Weise miteinander, die es sonst kaum gibt. All das trägt dazu bei, dass die tieferen Schichten des inneren Menschen für die Begegnung im Glauben geöffnet werden.

Stand früher deutlicher die Verehrung des Apostels im Vordergrund, so treten derzeit noch eine Reihe anderer Beweggründe in den Blick. Es ist nicht so sehr die Ankunft in St. Matthias, sondern der ganze Weg ein „Ziel“. Das Geschehen unterwegs macht das Pilgern sinnvoll. Dazu kommen die unterschiedlichen Motive der Einzelnen: Dankbarkeit oder ein wichtiges Anliegen führen Menschen auf diesen Weg.

Wallfahrten nach Trier:
Wie alles begann

Versuch einer Chronologie Wir wissen heute nicht, wo und wann der heilige Matthias gestorben ist: Nach verschiedenen Legenden soll er in Judäa wegen seiner Heilungen, Bekehrungen und gelehrten Predigten vom Hohen Rat zum Tode verurteilt, gesteinigt und nach römischem Brauch mit dem Beil enthauptet worden sein.

Anderen Überlieferungen zufolge soll er in Griechenland oder im Kaukasus oder in Äthiopien den Glauben verkündet haben und im Jahr 63 wahrscheinlich in Äthiopien zuerst halbtot gesteinigt, dann mit dem Beil erschlagen worden sein.

Einer weiteren Überlieferung (den sog. Acta Andreae) zufolge soll ihn nach vorübergehender Blendung und wunderbarer Wiedererlangung des Augenlichts der Apostel Andreas aus den Händen von Menschenfressern gerettet haben, so dass er eines friedlichen Todes starb.

Wir wissen auch nicht genau, wann die ersten Verkünder des Christentums nach Trier gekommen sind. Wir wissen aber, dass sie sich inmitten eines römischen Gräberfeldes im Süden der Stadt unmittelbar an der Römerstraße in Richtung Metz und Marseille niederließen, also dort, wo heute die Abtei von St. Matthias steht.

Der Überlieferung nach gewährte die vornehme Senatorenwitwe Albana diesen ersten Glaubensboten im Moselland großzügige Gastfreundschaft, indem sie ihnen ihr Haus als Wohnstatt und Kirche zur Verfügung stellte. Daraus entstand die erste, dem hl. Johannes geweihte Kirche. Von hier aus verkündeten sie den neuen Glauben unter den noch stark dem Heidentum anhängenden Mitmenschen.

Alten Quellen zufolge war der erste Bischof von Trier der heilige Eucharius. Sein Wirken fällt circa in die Mitte des 3. Jahrhunderts. Der heilige Gregor von Tours (538/539-594) bezeichnete 300 Jahre später den hl. Eucharius als „Beschützer der Stadt Trier vor einer Pestepidemie“ und weiß zu berichten, dass Eucharius selbst noch ein Schüler von Petrus gewesen sei, der ihn gemeinsam mit dem heiligen Maternus als Glaubensboten nach Gallien geschickt habe, was zeitlich jedoch recht fragwürdig sein dürfte.

Fest steht aber, dass Maternus als erster geschichtlich bezeugter Bischof von Köln (Civitas Agrippinensium) in den Jahren 313 und 314 als Konzilsteilnehmer in Rom und Arles erwähnt wird. Er soll ebenfalls Bischof von Trier und Gründungsbischof von Tongeren gewesen sein. Er verstarb um 328 vermutlich in Trier und soll dort auch seine letzte Ruhestätte haben.

Zeitgleich mit dem heiligen Maternus lebte auch die heilige Helena (248/250~329), die wir als römische Kaisergattin und Mutter von Konstantin dem Großen kennen. Im Gegensatz zu ihrem Mann Constantius Chlorus (er war römischer Kaiser im Rahmen der Tetrarchie) ließ Helena sich taufen. Sie veranlasste Grabungen in Jerusalem, die unter anderem durch die Auffindung der Reste des wahren Kreuzes und des Ortes des Heiligen Grabes gekrönt wurden.

Über dem Grab und der Kreuzauffindungsstelle ließen Helena und ihr Sohn Konstantin eine Basilika errichten, die wir als Grabeskirche kennen. Auch die Geburtskirche in Betlehem und die später zerstörte Eleona-Basilika auf dem Ölberg gehen auf Helena zurück. Die heilige Helena ist auch die Gründerin vieler anderer Kirchenbauten in und um Jerusalem, sowie in anderen Orten. Genau dieser heiligen Helena schreibt nun die Überlieferung zu, dass sie auch in den Besitz der Gebeine des hl. Matthias gekommen sein soll, dessen Tod zu diesem Zeitpunkt bereits etwa zweieinhalb Jahrhunderte zurück lag.

Danach gehen die Überlieferungen etwas auseinander. Ein Teil der Quellen behauptet, dass Helena die Gebeine nach Rom holte und in der Kirche Santa Maria Maggiore beisetzen ließ. Von dort soll dann ein Teil der Matthias-Reliquien vom Trierer Bischof Agritius als Geschenk der Kaiserin Helena nach deren Lieblingsstadt Trier in die Kirche des hl. Eucharius gebracht worden sein.

Merkwürdig an dieser Fassung ist allerdings der Umstand, dass Papst Liberius den Auftrag zur Grundsteinlegung dieser Kirche erst etwa 20 Jahre nach Helenas Tod von den Gottesmutter Maria persönlich bekommen haben soll (wohl am 5.8.352).

Andere Quellen besagen deshalb auch nur, dass Helena den [kompletten] „Leichnam“ des Heiligen direkt nach Trier bringen ließ. An dieser Fassung ist merkwürdig, dass sich in der Abtei Santa Giustina in Padua noch immer eine große Matthias-Reliquie befindet (der „Leichnam“ in Trier kann also eigentlich nicht komplett angekommen sein) und dass im Jahre 1221 zu allem Überfluss auch noch das „Haupt des Matthias“ in Kobern an der Mosel auftaucht, und zwar als Mitbringsel eines heimgekehrten Kreuzfahrers aus dem Orient (siehe unten).

Soweit die Überlieferung(en) zur Überführung der Gebeine des Matthias, die sich auf frühmittelalterliche Quellen stützen, die erst im 9. Jahrhundert, also etwa 600 Jahre danach, entstanden. Fest steht aber, dass in Trier über dem Grab des Eucharius, des ersten Bischofs von Trier, kurz nach dessen Tod eine Kapelle entstand, in der auch sein Nachfolger Valerius beigesetzt wurde.

Anmerkung: Heute hält man den tonnengewölbten Raum mit seiner Apsis direkt unter der achteckigen Quirinus-Kapelle auf dem Friedhof nördlich der Abteikirche für die ursprüngliche Gruft des hl. Eucharius. Die Sarkophage beider Bischöfe (Eucharius und Valerius) stehen heute in der Krypta der Abteikirche.

Die Kapelle zur Verehrung dieses Heiligen muss wegen der großen Zahl der herbeiströmenden Pilger schon bald zu klein geworden sein; denn etwa um das Jahr 450 ließ der Trierer Bischof Cyrillus neben der Cella Eucharii ein größeres Gotteshaus erbauen und dorthin die Gebeine seiner Vorgänger Eucharius und Valerius überführen.

Cyrillus sorgte ebenfalls dafür, dass sich seit dieser Zeit (5. Jahrhundert) um die Kirche herum auch Mönche ansiedelten, die 977 – anderen Quellen zufolge bereits im 8. Jahrhundert – die Benediktinerregeln annahmen.

Die von Cyrillus erbaute Kirche fiel wahrscheinlich im Jahre 882 dem Normannenansturm zum Opfer. Ende des 10. Jahrhunderts wurde unter Erzbischof Egbert (977-993) mit dem Neubau eines Gotteshauses begonnen („Egbert-Kirche“), das erst durch Abt Bertulf (1024 bis 1050) fertiggesellt wurde.

Bis zu dieser Zeit (Mitte 11. Jahrhundert) spielte in der Abtei St. Eucharius die alte Überlieferung von den irgendwo versteckten Reliquien des Heiligen Matthias offensichtlich keine große Rolle. Eine besondere Matthias-Verehrung ist bis dahin jedenfalls nicht nachweisbar.

Dann berichten die Quellen, dass Kaiser Heinrich III. von der Reliquien-Legende erfahren haben soll und will nun wissen, was daran ist. Bei Nachforschungen in St. Eucharius sei man dann 1058 auf das Grab gestoßen (sog. Erste Inventio), habe dem Kaiser einige Reliquien überlassen, das Grab jedoch wieder verschlossen und – wenn sich alles wirklich so abgespielt hat – offensichtlich auch wieder vergessen.

Knapp 100 Jahre nach der Erbauung der „Egbert-Kirche“, die ebenfalls dem hl. Eucharius geweiht war, beschloss man, die Kirche wieder abzureißen und durch eine neue, die heutige Kirche, zu ersetzen.

Im Jahre 1127 geschieht es dann: Ganz überraschend fand man beim Abriss der alten Kirche einen bleiernen Sarg mit einer Marmortafel und der Inschrift „Der heilige Apostel Matthias“. Das war die Sensation schlechthin! Die Apostelgräber in Rom, sowie das Apostelgrab in Santiago de Compostela, das sich bereits ein paar Jahrzehnte lang eines zunehmenden Pilgerstroms erfreute, lagen alle weit weg.

Und nun befand sich plötzlich ein Apostelgrab sozusagen „vor der Haustür“ in der Trierer Abtei St. Eucharius! Das einzige Apostelgrab nördlich der Alpen! Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile, und es setzte eine rege Wallfahrtsbewegung nach Trier ein.

Schon bald verdrängte der Apostelname Matthias auch den Namen des bis dahin einzigen Kirchenpatrons Eucharius, und die Abtei St. Eucharius benannte sich um in St. Matthias.

Am 11. Januar 1148 weihte anlässlich seines Aufenthaltes in der Abtei St. Matthias Papst Eugen III. in Gegenwart des Erzbischofs Albero und des heiligen Bernhard, begleitet von Kardinälen, Fürsten und Äbten einen in der Mitte der Kirche stehenden Altar zu Ehren des hl. Kreuzes und der hl. Apostel Matthias und Jakobus. Das Langhaus der Kirche war zu diesem Zeitpunkt noch immer im Bau; es wurde erst 1160 vollendet. Die Abteikirche St. Matthias wurde zur Wallfahrtskirche.

An vielen Orten, besonders am Niederrhein, entstanden nun Bruderschaften, die sich die besondere Verehrung des hl. Matthias zum Ziele setzten und es seitdem als ihre Hauptaufgabe ansehen, einmal im Jahr zum Apostelgrab zu pilgern, an den Gottesdiensten teilzunehmen, eine Wachskerze aufzustellen und Opfergaben darzubringen.

Alle St. Matthias Bruderschaften sind in der Erzbruderschaft St. Matthias zusammengeschlossen, deren Leiter der jeweilige Abt von St. Matthias ist.

Die Tradition der jährlichen Matthias-Wallfahrten nach Trier hat sich bis heute erhalten und ist noch immer sehr lebendig. In Sachen Matthias-Reliquien sei hier noch über ein Intermezzo berichtet, dass in Kobern, einer alten, kleinen Ortschaft am Unterlauf der Mosel, begann: Dort brachte im Jahre 1221 Heinrich II. von Isenburg-Kobern bei seiner Rückkehr von einem Kreuzzug den Schädel des Apostels Matthias mit.

Für diese Reliquie baute er oberhalb von Kobern eine wunderschöne Kapelle, die heute noch bestens erhalten ist und besichtigt werden kann. Diese Matthiaskapelle zählt zu den rätselhaftesten und zugleich reizvollsten Werken spätstaufischer Baukunst im Mosel-Rhein-Gebiet.

Man kann sich leicht vorstellen, dass diese wertvolle Reliquie natürlich auch Pilger anzog, und so wurde die Matthiaskapelle in Kobern ebenfalls zu einer Matthias-Wallfahrtsstätte.

Die Geschichte dieser Reliquie, von ihrer Entdeckung und Raub in Unterägypten, ihrer Überführung nach Kobern und dortigen Verehrung, stand natürlich im Konflikt mit der zeitgleichen Verehrung des kompletten Apostelgrabes in Trier, das ein Jahrhundert zuvor dort aufgetaucht war.

Möglicherweise stellte der Bau der Matthiaskapelle in Kobern daher eine Protestaktion der Herren von Kobern gegen den Trierer Erzbischof dar.

Umgekehrt wäre es aber auch denkbar, dass der Erzbischof selbst den Bau der Kapelle und die Reliquienverehrung befürwortete, um die Aposteltradition in seinem Bistum zu festigen.

1354 ging das Haupt des Apostels dann in den Besitz des Erzbistums Trier über und gelangte Anfang des 15. Jahrhunderts in den Domschatz.

Nach einer anderen Quelle war die Reliquie zwischen 1362 und 1381 im Besitz des Erzbischofs Kuno von Falkenstein und wurde zunächst auf der Festung Ehrenbreitstein aufbewahrt.

Danach gelangte sie 1422 nach Trier, wo sie bis 1927 im Dom von Trier aufbewahrt wurde.

Dann wurde sie von Nuntius Pacelli, dem späteren Papst Pius XII, feierlich in die Abtei St. Matthias in Trier überbracht. Mit dem Verlust dieser Reliquie ließ auch die religiöse Bedeutung der Matthiaskapelle in Kobern nach.

Wie bereits oben berichtet, setzte ab 1127 eine rege Wallfahrtsbewegung zur Abtei St. Mattias in Trier ein, die bis heute lebendig geblieben ist und auf eine lange Tradition zurückblicken kann.

Schlussbemerkung: Die historische Forschung bezweifelt, bzw. bestreitet aus nachvollziehbaren Gründen das Vorhandensein von Matthiasreliquien in Trier. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Abtei St. Matthias in Trier zum Zentrum der Verehrung des Apostels Matthias geworden ist.

Für echte Matthiaspilger stellt sich die Frage nach dem Vorhandensein oder der Echtheit von Matthias-Reliquien in Trier schon längst nicht mehr; denn:

Für das Erleben einer Wallfahrt ist sie völlig ohne Bedeutung!